Dienstag, 9. Oktober 2007

Dancing Stars oder: der Tag des Fliegenfängers



Das Land ist in einen dichten Vorhang aus Nebel und Nebel gehüllt, die Luftfeuchtigkeit hat die Sonne erfolgreich in die Schranken gewiesen und mittendrin stapft ein kleiner Österreicher durch die Wassermassen. England ist englisch, that's for sure, Wetter sowieso. Trotzdem war das Wochenende ein weiterer Erfolg in Richtung Akklimatisation, ich vermag bereits meine Mitbewohner und diverse englische Besucher mit meinem gespielten Londoner Akzent zu begeistern, mit meinem Tanzstil jedoch weniger, Details jedoch später.



Der Grünling hat sein neues Heim bezogen und wie es der Zufall so haben wollte hat der Häuptling der Truppe auch das schönste Zimmer erhalten, dies gilt jedoch nur, solang kein Hochwasser unsere Straße in einen Spielplatz kleiner Nemos verwandeln sollte. Auch im neuen Haus sind wir übrigens auf eine besonders listige Art der Spezies Vermieter getroffen, diesmal ein Weibchen aus dem Orient, bekannt für besondere List und Habgier. So befindet sich das Gebäude zwar in einem ausgezeichneten Zustand, dies gilt jedoch nicht für eine Vielzahl der Einrichtungsgegenstände, diese sind nämlich einfach noch nicht vorhanden (I'll gonna sort it out tomorrow guys!!). Trotzdem fühle ich mich wohl, ans gemeinsame Essen im Stehen gewöhnt man sich zusehends, inzwischen ist beinahe schon ein Ritual daraus geworden.

Am Freitag musste schließlich der gemeinsame Einstand im Haus zelebriert werden, so wurde selbstgemachtes Chili und Curry zum Mahle gereicht, den flüssigen Part übernahmen Bier und Cider, eine Kombination, die einem nach gewisser Zeit doch einen kleinen Affen auf die Schulter zu setzen vermag. Dieser kleine Affe mag sich mit der Zeit zum Gorilla entwickelt und mich zu meiner ersten sportlichen Betätigung in England verleitet haben. So nahm ich mir ein Herz und ein paar Lackschuhe um ganz entspannt zur nächsten Petrol Station zu sprinten, das Hirn wollte die mangelnde Kondition oder die bessere Konstitution meines spanischen Mitstreiters wohl einfach nicht wahrhaben. Resultat war ein Puls, ein Beat, der durch mein Gehirn rauschte, der auf jedem drum'n'bass - Festival den Verkauf von XTC-Tabletten verdoppeln würde. Doch das wohlwollende Lächeln von durstigen Partygästen vermag jeden drohenden Herzinfarkt in ein wohliges Gefühl der Zufriedenheit umzuwandeln, es wurde gefeiert bis in die frühen Morgenstunden, eine Engländerin fühlte sich gar dazu bemüßigt unsere Sprachkenntnisse um Schimpfworte im Slang zu erweitern, man lernt ja fürs Leben.

Samstags wurde gechillt und der Bausatz der angelieferten Schreibtische in Angriff genommen. Ich sträube mich in diesem Kontext zwar etwas gegen die Verwendung des Wortes "Schreibtisch" - "a Nochtkastl fürn Laptop" kommt meines Erachtens der Wahrheit doch um einiges näher, der ambitionierte Student fragt sich gar, wie er wohl seine Diplomarbeit auf diesem Nichts verfassen solle, Gott sei Dank gehöre ich nicht zu diesem Menschenschlag. Am Abend wurde erneut gekocht, inzwischen hat sich eine gewisse Arbeitsteilung ergeben, die Herren der Schöpfung geben am Herd ihrer Kreativität den Auslauf den diese benötigt, während die Damen sich im Schaumbad beim Abwasch wälzen wie in pornografischen Videos (dies fällt wohl eindeutig in die Kategorie künstlerische Freiheiten). So wurde eine sehr englische Pasta mit Fleischbällchen in undefinierbarer Sauce zuzüglich einer vegetarischen Variante kredenzt, zum Erstaunen des Chefkochs wurden sämtliche Teller und Pfannen geleert, um schließlich die Innenstadt zu stürmen.

Zu Beginn des Abends hat jedoch der Gruppendynamik-Teufel wieder einmal zugeschlagen, niemand konnte sich durchringen eine klare Entscheidung wegen des Pubs/Clubs zu treffen, ein etwas die Contenance verlierender Grünling vermochte die Entscheidungsfindung jedoch erheblich zu steigern. Schließlich wurde eine bizarr anmutende Mischung aus Pub und Club erobert, man konnte also zwischen Folk- und Countrymusik einerseits als auch House-Music pendeln, sehr toll das Ganze. Vor allem meine Person war fast schon in zu überschwänglicher Laune aber vor allem die Mitstreiter aus Germany und UK brauchen manchmal eine Animation um aus sich heraus zu gehen. Da draußen war ich natürlich schon längst, und so konnten die internationalen Dancing-Stars eröffnet werden, die etwas statischen Deutschen einerseits, der swingende Niederländer, ein schilanglaufimmitierender Spanier andrerseits. Um diese bildgewordene Definition des Wortes Skurilität noch abzurunden benötigte es natürlich eines Österreichers, der versuchte alle Stile in Sich zu vereinen und wohl so etwas wie einen Flamenco-Fliegenfänger zum Besten gab. Doch um 5 war schließlich auch dieser Abend schon zu Ende, der Sonntag wurde zum Chillen verwendet, ein abendlicher Besuch im Pub ums Eck (very niiice) verlief einigermaßen ereignislos.

Etwas kurios verlief mein Start an der Universität, so hatte man mich in einen Erstsemestrigen Kurs für Kostenrechnung eingebucht, dargeboten von einer offensichtlich frigiden verbitterten englischen Professorin, die den raueren Umgangston bevorzugte. Außerdem fühlte ich mich im Kreise hysterischer 17 - 18jähriger auch etwas alt, jedes weiße Barthaar schien die Augen der Kommilitonen einzeln zu interessieren, haven't you got the Yeti, do you?? So kam es dass ich nach 5 min beschloss wohl nicht länger dem Verängstigen von Freshern beizuwohnen und mich stattdessen um andere Kurse zu bemühen, ein Unterfangen dass sich durchaus etwas in die Länge zu ziehen vermag. Trotzdem hoffe ich, so bald wie möglich einen interessanten Kurs besuchen zu dürfen, andernfalls konzentriere ich sämtliche Ressourcen natürlich auf meine Diplomarbeit, vermutlich sogar bis zur Party of Internationals heute Abend. In diesem Sinne, thx for paying attention, Yours sincerely, Christoph Grün!

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